Hot „Chicken Wings“ in München
Als an Electro interessierte Lesbe in der Szene weggehen, dazu noch den Geldbeutel nicht allzu sehr strapazieren und einen angenehmen Abend in entspannter Atmosphäre genießen – das war vorher in München eher schwer zu kombinieren. In diese Marktlücke sind vor zwei Monaten Lisa Erb und Andreas Hauptenbucher gesprungen und haben die monatliche Partyreihe „Chicken Wings“ ins Leben gerufen. Die Beiden haben sich immer geärgert, dass man sich entweder geschniegelt und gestriegelt dem Homo-Disco-Mainstream zu unterwerfen hat (und dann womöglich nicht tanzen kann) oder in einen Hetero-Schuppen gehen muss (wo man dann nicht nur unter Seinesgleichen ist und gegebenenfalls mit seiner Gender-Rolle auffällt). „Wir sind den Kommerz leid, wir wollen einfach gerne neue, gute und elektronische Musik hören“, sagt Andreas. Und Lisa fügt hinzu: „Gerade als Lesbe mit anderem Musikgeschmack ist es schwierig, wegzugehen. Das ist so ’ne Art Loop: Wenn die Musik immer gleich ist, sind es auch die Leute. Man fragt sich fast, welches Wochenende ist, weil man die Woche vorher schon genauso mit einem Weißbier am gleichen Ort zur gleichen Zeit herumstand.“ Zum anderen wollen die Medienkunst-Studentin und der Psychologie-Student ihr Partyschaffen weiter fassen. Gerade für Lisa ist alles eins, ist „Chicken Wings“ zusammen mit dem Kunstkontext und der Musikbastelei ein „Teil des Lebens“ und eine „Möglichkeit, sich auszuprobieren“. Die Party ist für „Metroqueers, Cyborgs, Gendertronics and their friends“, will heißen: für lesbischschwules Publikum, aber offen für alle sexuellen Identitäten und Gender-Rollen. Eben alles abseits vom Mainstream. Auch im musikalischen Sinn: Wechselnde DJ-Kombos legen auf; ein „Chicken Wings“-Abend besteht aus mindestens drei aufeinander folgenden DJ-Sessions. Die DJs rekrutieren Lisa und Andreas aus ihrem weiten Künstler-Freundeskreis, etwa beim letzten Mal das mysteriöse Gay-Team und die charmante „Dame ohne Bedauern“. Aber die Beiden versuchen auch, frische, noch unentdeckte Talente nach München zu holen. Beim letzten Mal war das Violetta Parisini aus Wien, die etwas Einzigartiges in der Electro-Szene tut: Sie singt frei, improvisiert je nach Laune über ihre Mixes und geht dabei so ab, dass sich der Spaß an der Musik und am Mixen sofort aufs Publikum übertragen.
Alles sehr schön so. So entspannt. Und so tanzbar. Das Einzige, was noch nicht so stimmt, ist die Location: Das „Soul City“ war bisher nicht für subkulturelle, innovative Partykonzepte bekannt. Aber das ist natürlich, wendet man auch hierauf die „Chicken Wings“-Philosophie an, gewollt ironisch gebrochen.newreads - 28. Aug, 20:54


